Drei E-Scooter um einen Mülleimer

Sharing Economy?

Andreas Niesmann vom Redaktionsnetzwerk Deutschland kommentiert den geplatzten Traum von der »Sharing Economy«. Anlass ist die wohl anstehende Insolvenz des Büroraumvermieters »We Work«.

Der geplatzte Traum

Nun, »Sharing Economy« war von Beginn an nichts anderes als ein Marketingtraum der Besitz-Ökonomie. Eine Marketingblase.

Jemand besitzt eine Geschäftsidee, er hat erkannt, dass man einen Bedarf formulieren, erzeugen kann. Den Bedarf zum Teilen von Dingen, die man mangels ständiger Nutzung nicht selbst besitzen muss. Er besitzt womöglich das benötigte anteilige Startkapital, den Rest zur Unternehmensgründung beschafft er sich von anderen, die Investitionskapital besitzen.

Damit gründet er sein Unternehmen, das ihm hoffentlich bald Einkommen respektive Vermögensbesitz bescheren wird. Mit etwas Glück führt der Weg schnell zum Gang an die Börse, wo sein eröffneter Aktienbesitz in Anteilen an Shareholder (die keine Anteile »sharen«, sondern besitzen) verkauft wird. Im günstigen Fall erzielen Unternehmensinhaber und Anteilseigner kräftig Rendite, so dass sich ihr Vermögensbesitz beständig vergrößert.

Das Ganze ist im Grunde nichts weiter als klassisches Vermietungsgewerbe, lediglich im hippen Generation-X- Gewand.

Nur weil neuerdings jede halbwegs flott klingende »Sharing«- Idee hopplahopp von der risikokapital-gefütterten Startup-Phase in den gehypten Börsengang geschoben und die Kleingeschäfte zu substanzlosen Milliardenkonzernen aufgeblasen werden, sind es noch längst keine guten, tragfähigen Geschäftsmodelle.

Macht auch nichts, denn wer schlau und früh genug dabei war (mit seinem Geldbesitz), konnte in der günstigen Aufstiegsphase seinen Vermögensbesitz kräftig aufstocken. Wie der Gründer auch.

So läuft es in der kapitalistischen Besitzökonomie nun einmal. (Ok, das ist tautologisch, ein schwarzer Rappe, Besitzökonomie ist per se kapitalistisch)

Und wie jetzt weiter?

Wie ginge es anders, du Kapitalismuskritiker? Nix Sharing?

Doch, vielleicht schon. So etwas ähnliches wie Sharing Economy gibt es schon, und zwar schon lange, zum Beispiel in der Wohnungswirtschaft:

Genossenschaften!

In einer Wohnungsgenossenschaft gehört der Wohnungbestand (-besitz) allen Mitgliedern, und wird von einer gewählten verwaltenden Instanz (wie im Vereinswesen) den Mitgliedern zur Nutzung gegen eine monatliche Nutzungsgebühr – nicht Miete – zur Verfügung gestellt. Erwirtschaftete Überschüsse werden in den Bestand bzw. dessen Erhaltung investiert, gegebenenfalls klein-anteilig als Dividende an die Mitglieder ausgeschüttet.

Äh, noch etwas nachgetragen. Nicht, dass mich jemand falsch versteht: Ich bin sicher gelegentlich Kapitalismuskritiker, aber deswegen kein Kapitalismusgegner…


Kommentare

2 Antworten zu „Sharing Economy?“

  1. Mein oberflächlicher Kapitalismushass ist gar nicht so oberflächlich. Oder wie sagte Volker Pispers einst in anderen Zusammenhängen?

    Ich mag diese Jüngelchen mit ihren Schnapsideen nicht sehr. Schließlich hat man schon bei unserem heutigen Finanzminister gesehen, wohin unausgegorene Geschäftsmodelle führen. Du weißt, mit Aktien habe ich keinerlei Erfahrung und halte davon wohl aus diesem Grunde so gar nichts. Mir sind die Bewertungen an unseren Börsen unheimlich. Wenn da Kurse gehypt werden, die sich als pure Luftnummern erweisen, scheint das meine ablehnende Haltung eher zu bestätigen. Nun gut, wer keine Ahnung hat, wird sich angesichts gewisser Erfahrungen der vergangenen Jahrzehnte nicht einfach anders entscheiden. Oder? X soll heute (ich meine Musk) hats gesagt, nur noch die Hälfte (also 20 Mrd.) wert sein. Das gönne ich dem. Aber es dürfte wohl auch andere treffen. Nur ein Beispiel, weshalb ich skeptisch bin und wohl bleiben werde. Zudem habe ich in die heutige Managementklasse noch weniger Vertrauen als ich es früher schon immer hatte.

  2. WeWork sehe ich eher als Opfer der Coronakrise, denn für sich genommen ist die Idee, eine Büroumgebung mit „Full Service“ phasenweise zu nutzen, wenn man sie braucht, doch gar nicht so schlecht. Für junge Menschen, die zudem gerne Kontakte knüpfen, hat das ja noch den Vorteil, andere Selbständige kennen zu lernen und auch mal „Synergien nutzen“ zu können.
    Aber leider kam Corona, dann der Ukraine-Krieg mit seinen inflationären Folgen und Wohlstandsverlusten. Wo zuvor viele sich so ein externes Büro auch leisteten, um eine Trennung zwischen Arbeit und Freizeit hinzubekommen, war auf einmal Homebüro angesagt – und dann wurde es finanziell enger, also wurde der „Luxus Büro“ vielfach gar nicht mehr gebucht.
    Das Genossenschaftsmodell ist toll, aber für den Bedarf, den Wework deckte, nicht geeignet – eben weil man sich als WeWork-Kunde nicht dauerhaft an ein Büro binden will.

    Bezüglich der Roller stimme ich insofern zu, dass sie eine Plage sind, viel Schrott und Unfälle erzeugen und wahrlich nicht nachhaltig sind. Zudem werden sie genutzt, um auch noch die wenigen paar Meter, die der Mensch heute durchschnittlich zu Fuß geht, auf einem Roller zurückzulegen. Kein Schaden, wenn sie verschwinden!
    Dagegen spricht, dass sie – das sehe ich hier in Berlin täglich – intensiv genutzt werden. Rein kapitalistisch befriedigt das Angebot also eine Nachfrage. Die muss auch nicht mühsam erzeugt werden, denn der menschliche Drang zur Bequemlichkeit ist etwas, mit dem sicher zu rechnen ist.

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