Cookiebanner-Witzverordnung

Ich musste gerade herzlich lachen. Die Bundesregierung erlässt eine völlig witz- uns sinnlose Verordnung, mit der – in Wirklichkeit bloß vorgeblich – Webnutzer vor der »Cookiebanner-Flut« auf Webseiten befreit bzw. geschützt werden sollen. Es geht um die gestern, am 17.10.24 beschlossene Verordnung der Bundesregierung nach Paragraf 26 Absatz 2 des Telekommunikation-Digitale-Dienste-Datenschutz-Gesetzes

Sogenannte »Anerkannte Dienste« sollen Endnutzern ermöglichen, dauerhaft Zustimmungen (zu Cookies) zu erteilen, allerdings nicht pauschal, sondern für jede Cookie-setzende Webseite einzeln. Also für mehr oder weniger alle kommerziellen Seiten.

Was »Anerkannte Dienste« sein sollen, wird nicht näher spezifiziert. Es handelt sich dabei um Dienste, von denen lediglich gesagt wird, dass solche entstehen können, wozu aber in der Verordnung keinerkei Vorgaben gemacht werden. Das bleibt also völlig inhaltsleeres Regierungs-Blahblahblah.

Wohlgemerkt: Bei den »Anerkannten Diensten« werden die Nutzer allerdings ausschließlich Zustimmungen zum Setzen von Cookies speichern können. Ablehnungen sollen die »teilnehmenden« Webanbieter komplett ignorieren können. Heißt: Wer das Setzen von Cookies per »Anerkanntem Dienst« ablehnt, darf weiterhin ungehindert Cookie-Zustimmungsbanner vorgesetzt bekommen. Das verstehe ich auch als zukünftigen, sozusagen ‚verordneten‘, Freibrief zum Nutztracking. Der Nutzer darf zustimmen, Ablehnungen sind irrelevant.

Wobei übrigens die Teilnahme an der ganzen Angelegenheit überhaupt den Webseitenbetreibern freigestellt bleibt. Verbindlich ist bei alledem gar nichts.

Diese Verordnung verordnet also in Wahrheit gar nichts, es handelt sich um eine rein freiwillige, diffuse, wolkige Maßnahme — es ist eine reine ALS-OB-Verordnung! Niemand wird zu irgendetwas Substanziellem verpflichtet, niemand wird bei Nichtbeachtung in irgendeiner Weise sanktioniert.

Ein Blahblah-Ballon mit heißer Luft.

Die Bundesregierung lacht uns im Grunde alle aus und erfreut sich an einem armseligen Verordnungs-Schabernack, der (allerdings sehr) vordergründig so tut, als ob er irgendetwas zum Besseren regeln würde – dabei aber letztlich gar nichts regelt.

Die »Anerkannten Dienste« werden am Ende wohl noch deswegen besonders »anerkannt« sein, weil sich mit dem entstehenden Datenbestand seinerseits wunderbare Tracking-Möglichkeiten eröffnen könnten. (Ich meine, irgendein lukratives Bonbon werden diejenigen schon für sich reklamieren, die womöglich in Zukunft einmal solcherart »Anerkannte Dienste« anbieten wollen)

Am Ende soll der ganze Bockmist angeblich nach zwei Jahren »evaluiert« werden. Was man geflissentlich als Placebo ignorieren kann. Erstens, weil es in zwei Jahren allerhöchst-wahrscheinlich diese Bundesregierung nicht mehr geben wird. Zweitens, weil in zwei Jahren auch keine andere Bundesregierung irgendein Interesse daran haben wird, sich auch nur fünf Minuten mit diesem verordneten Unsinn zu beschäftigen. Diese Verordnung wird bis Sankt Nimmerlein bestehen bleiben. Sie nutzt niemandem, sie schadet niemandem, weil sie völlig wertlos ist.

Es bleibt alles beim Alten: Internetnutzer müssen weiterhin selbst mit geeigneten Maßnahmen dafür sorgen, dass persönliche Daten vor dem unverhohlenen Missbrauch durch die Werbe- und Trackingwirtschaft geschützt werden. Das ist ziemlich erfolgreich möglich z.B. mit dem Einsatz von uBlock Origin vor allem im Webbrowser Firefox (aber auch in Chromium-basierten Browsern). Hiermit lassen sich auch eine Vielzahl von Cookie-Zustimmungsbannern blockieren. Allerdings kann das auch das nachfolgende Laden der Ziel-Webseite blockieren, was wiederum erfordert, das Cookiebanner einzeln freizugeben usw. usf.

Leider steht uns keinerlei gesetzliche Maßnahme – aus Inkompetenz und Desinteresse – zur Seite, die diesen Wildwuchs an Internetmüll und die ganze damit verbundene Zeitverschwendung beseitigen würde…

Ach… Ich schlage übrigens »Anerkannte Dienste« als blödsinnigsten Ausdruck des Jahres 2024 vor.

Kommentare

2 Antworten zu „Cookiebanner-Witzverordnung“

  1. Wer mag es nicht, dieses elende Regierungshandeln, das völlig sinnentleert und nutzlos ist? Die anerkannten Dienste werden wohl auch nie identifiziert werden. Allerdings werden die großen Anbieter vermutlich ihr Leid über den so auch nicht erreichten Bürokratieabbau singen. Gut, dass das Thema damit nichts zu tun hat.

  2. Ich sehe es durchaus als nützlichen Service an, wenn ich irgendwo zentral zustimmen könnte. Dass das einzeln pro Seite erfolgen muss, ist unausweichlich, wenn man keine pauschale Zustimmung ermöglichen will (die vermutlich auch viele gerne nehmen würden).

    Es hätte keinen Sinn, bei einem solchen Dienst Ablehnungen zu speichern, denn diese Option habe ich ja bereits, wenn mir das Banner gezeigt wird.

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