Smartphones und Digital-Kompetenz

Ich erlebe es an meinem Arbeitsplatz recht oft, dass Menschen nach dem Weg zu einem bestimmten Ort ganz in der Nähe fragen. Ich arbeite am Rand der Altstadt, und die gewünschten Orte liegen meist innerhalb des engeren Kerns derselben.

Google-Maps-Ausschnit Altstadt Frankfurt

Es sind oft junge Menschen, z.T. Schüler, die Fragen nach der Lage bestimmter Orte erfragen.

Heute wieder: Vier junge Burschen (vielleicht 16-17) kommen herein. Einer legt meiner Kollegin und mir ein bedrucktes Blatt vor, auf dem offensichtlich die Aufgaben einer Schnitzeljagd-Rallye ihrer Schulklasse (einer Frankfurter Schule) stehen. Sie fragen uns, wo sie hier sind und wie sie »da hin kommen« – auf eine Aufgaben-Zeile zeigend, wo der Ort »Frankfurter Schirn« erfragt wird.

Ich erkläre: »Hier aus dem Gebäude raus, nach rechts der kleinen Straße folgen bis auf den Römerberg. Immer geradeaus, kann man nicht verfehlen. Auf dem Römerberg kurz nach rechts und vor der kleinen Kirche nach links abbiegen. Dann 30 Meter geradeaus steht ihr vor dem Eingang der Schirn. 5 Minuten Fußweg.«

Während der gesamten Zeit des kurzen Gesprächs hatten alle vier Jungs ihre Smartphones in der Hand bzw. vor dem Gesicht, in diesem inzwischen typisch waagrechten Griff, wo man direkt ins Mikro sprechen kann.

Sie bedankten sich artig und verließen das Haus. Gingen aber nicht gleich nach rechts in die kleine Straße wie beschrieben, sondern erst ein Stück geradeaus und dann nach rechts in die nächste Straße.

Was ich nicht verstehe

Ich guckte irritiert und schüttelte den Kopf. Und ich demonstrierte meiner Kollegin, warum ich so irritiert war:

  1. Ich nehme mein Smartphone auf
  2. Wähle aus dem App-Drawer Google Maps
  3. In der Suchzeile der App gebe ich ein: »Frankfurt Schirn«. Enter.
  4. Auf dem Bildschirm erscheint der größere Bereich der Frankfurter Altstadt
  5. Die Schirn ist mit dem roten Fähnchen markiert
  6. Ich zoome kurz herein und sehe den inneren Bereich der Altstadt
  7. Ich drücke auf den angebotenen Button »Route«
  8. Maps zeigt mir den Routing-Bildschirm, aus dem der o.a. Ausschnitt stammt.

Jetzt müsste ich nur noch aufstehen und losgehen, Google Maps würde mich direkt ans Ziel führen.

Aufgabe erfolgreich erledigt.

Der gesamte Vorgang von 1. bis 8. hat weniger Zeit benötigt als meine mündliche Erklärung, vom Eintritt der Jungs bis zu deren Verlassen des Hauses.

Ich verstehe einfach nicht…

…welche Medien- und Digitalkompetenz solche jungen Menschen haben, wenn sie nicht einmal in der Lage sind, ihre Smartphones zielführend einzusetzen.

Ich meine, ich bin ein alter Sack™, der NICHT mit dem fest an die Hand gewachsenen Smartphone aufgewachsen ist. Ich habe meine Smartphone-Nutzungskompetenz in einigen Jahren nach und nach selbst erarbeitet.

Und für mich ist so eine Aufgabe ein Kinderspiel, das ich im Schlaf beherrsche. Lösungen für Fragestellungen zu finden, zu denen sich das Smartphone schlicht aufdrängt.


Kommentare

7 Antworten zu „Smartphones und Digital-Kompetenz“

  1. Das ist echt merkwürdig, das Verhalten dieser Jungs. Medienkompetenz drückt sich in ihrem Verhalten wahrlich nicht aus. Wozu nutzen sie aber dann so permanent ihre Smartphones? Irgendeiner hat mal erzählt, dass die von dir erwähnte Haltung des Smartphones aussähe, als würde die alle gleich herzhaft in eine Tafel Schokolade beißen wollten. Wahrscheinlich ist das schick. Aber wenn man nicht mal weiß, wie Google Map funktioniert, ist das schon erschreckend.

  2. Tja, man muss es irgendwo gehört/gelesen haben, bevor man Map nutzen kann. Ich hätte es ihnen gezeigt – schon um mal die überragende Medienkompetenz „alter Säcke“ zu demonstrieren! 🙂

    1. Boris (Autor)

      Ich schätze, diesen Aspekt werde ich bei nächster Gelegenheit mal testen… und auskosten 😉

  3. Manfred Ringwald

    Kleiner Einwand: Wenn alles uebers Smartphone geregelt werden kann, besteht kein Anlass mehr mit Fremden ins Gespraech zu kommen. Der sog. „Oefffentliche Raum“ ist sichtlich im Schwinden begriffen. Viele sehen nur mehr noch in ihr Phone. Dabei gilt doch auch heute noch der Satz: Sein heisst wahrgenommen werden!:-)

    1. Boris (Autor)

      Da hast du natürlich im Prinzip recht.

  4. Das war sicher Teil der Aufgabenstellung bei der Schnitzeljagd; jemanden nach dem Weg zu fragen. 😉

    1. Boris (Autor)

      Genau… „Un Alder: Wenn du bist Institut Stadtgeschichte, dann fragst du Weg Schirn, Digger“ 🙂