Firefox für Android – gegen den Nutzer?

Horst Scheuer schildert, was ihn am Webbrowser Firefox für Android, also für Smartphones und Tablets, stört.

Es ist vor allem das zuerst umständlich wirkende Tab-Management, das auf der Nutzeroberfläche intransparent und ziemlich weit von intuitiv entfernt ist. Ich hatte zuerst fast das Gefühl, die Entwickler wollten das »Tabbed Browsing« am liebsten wieder abschaffen, nachdem es sich längst als Standard etabliert hat.

Smartphone-Screenshot Firefox 01
Der kleine Button führt zu einer übersichtlichen Tab-Übersicht
Smartphone-Screenshot Firefox 02
So sieht die Tab-Übersicht in Blockdarstellung aus

Tatsächlich ist der Umweg über einen Button in der Adress- und Bedienleiste für mich nachvollziehbar, da echte, sichtbare Tabs wie bei einem Desktop-Browser kaum vernünftig darstellbar sind. Der Mobilbrowser wird wahrscheinlich meistens in der senkrechten Ausrichtung verwendet – zumindest auf Smartphones -, und da passt kaum eine Tab-Titelzeile in die Leiste. Von daher anerkenne ich die von den Firefox-Entwicklern gewählte Lösung mit dem nummerierten Button als ordentlichen Kompromiss. Ich konnte mich daran gewöhnen, auch wenn es einen Fingertipp mehr erfordert, um die anderen offenen Tabs zu erreichen. Bedient man dagen, wie Horst, den Browser auf einem Tablet mit der Maus, so hängt der Komfort davon ab, wie gut die Maussteuerung implementiert ist.

Lesezeichen

Mit dem Start der aktuellen Firefox-Version, die wohl Firefox Daylight genannt wird und mit Versionsnummer 79 beginnt (im Moment 85.x), haben die Entwickler eine brauchbare Lesezeichenverwaltung integriert. Daran mangelte es in den Vorversionen allerdings erheblich. Inzwischen kann der Nutzer Lesezeichen beim Anlegen oder auch nachträglich in Ordner einsortieren und in ein persönliches Ordnungsschema bringen. Das sieht bei mir etwas unübersichtlich aus (ich zeige es hier auch nicht), da ich meine sehr umfangreiche Lesezeichensammlung vom Desktop-PC auf meine Mobilgeräte synchronisiere. Es ist also ziemlich voll in der Liste.

Kontroll-Verlust

Allerdings existieren für mich auch empfindliche Defizite. So sind noch lange nicht für mich wesentliche und wichtige Add-Ons verfügbar. Mir fehlt zum Beispiel Cookie AutoDelete, das ich auf dem Desktop seit langem zur präziseren Steuerung des Verhaltens gegenüber Cookies einsetze

Ebenfalls nicht verfügbar ist uMatrix, das in meinen Augen ultimative Kontroll- und Steuerungstool für Skripte, Tracker und andere möglicherweise schädliche Komponenten auf modernen Webseiten. Stattdessen kann ich zur Zeit nur auf das ältere und weniger gut bedienbare Noscript zurückgreifen, dessen Ersatz für mich eigentlich uMatrix darstellte – und auf dem Desktop auch nach wie vor darstellt. Meines Erachtens also ein erheblicher Rückschritt.

Die Tracking-Kontrolle, die Firefox selbst inzwischen Schritt für Schritt einbindet, ist eine ziemlich gute Sache, nur ist sie nicht so Transparent kontrollier- und steuerbar.

Aber wie dem auch sei: Firefox bleibt für mich bis auf Weiteres der Browser der Wahl auf all meinen Surfgeräten. Ich schaue mir allerdings gelegentlich Alternativen an – heute habe ich auf dem Tablet Brave installiert, einen für alle Systeme verfügbaren Browser, der auf Chromium basiert, der OpenSource-Variante von Google Chrome.

Anders als Horst werde ich den aktuellen Microsoft-Browser Edge nicht installieren. WEIL er von Microsoft ist, und ich nicht auf dem Desktop seit 2007 ausschließlich Linux einsetze und auf Mobilgeräten Android (ja, leider…), um mir dann hinterrücks wieder Microsoft ins System einzuklinken. Gerade auch noch beim Webbrowser, der schlicht die bei allen Datensammlern begehrteste Trackingschleuder in einem Computersystem darstellt.

Ende mit Schrecken

Im Zuge dieser kleinen Ermittlungen in Sachen Webbrowser auf Mobilgeräten habe ich mir die aktuelle Browserstatistik bei statcounter GlobalStats angeschaut, Stand Dezember 2020.

Mann, was bin ich erschrocken, ich traute meinen Augen nicht.

Google Chrome (ca. 61,3 %), Safari (ca. 25,5 %) und Samsung Internet (ca. 5,9 %) dominieren die Situation auf Mobilgeräten weltweit. Zusammen sind das rund 93 %! Nur auf gerade 7 % aller Smartphones und Tablets weltweit werden andere Webbrowser eingesetzt als sie genannten Platzhirsche. Firefox für Android z.B. erreicht gerade einmal 0,5 %.

Ich bin fassungslos!

Mir scheint, Nutzer von Mobilgeräten nutzen einfach die vorinstallierte Software (Apps) und sind zufrieden damit. Was nicht vorinstallierter Standard ist, spielt praktisch nur eine verschwindend kleine Rolle.

Andererseits: War das nicht schon immer so, auch vor vielen Jahren schon auf Desktop-PCs? Waren Leute wie ich nicht schon immer die Ausnahmen, die sich nach und nach Software auswählten, die ihren Ansprüchen und Zwecken möglichst optimal gerecht wurden und nicht notwendigerweise dem Angebot vertrauten, das der (System- oder Geräte-) Hersteller von Hause aus intstalliert hatte? Der Windows-Nutzer surfte mit dem Internet Explorer, egal, wie schlecht der gerade war. Ein paar Webstandard-bewusste Nonkonformisten wichen auf Netscape, Mozilla und später Firefox oder Opera aus.

Ok, alte Socken…

Sei dem wie es will: Ich werde weiterhin auch auf meinen Mobilgeräten (hauptsächlich) Firefox einsetzen, es ist eben auch eine Frage der Gewöhnung und des Vertrauens auf der Basis langjähriger Erfahrung. Auf dem Desktop surfe ich seit 2004 mit Firefox, auf Mobilgeräten seit (glaube ich) 2010.

Trotzdem war es heute eine gute Erfahrung, das alles einmal kritisch zu hinterfragen, einmal die gewohnte Position neu zu bestimmen.


Kommentare

2 Antworten zu „Firefox für Android – gegen den Nutzer?“

  1. OK, wenn du schon seit ewigen Zeiten Linux nutzt kann ich deine Abneigung gegen Microsoft verstehen. Ich nutze Microsoft-Produkte schon seit Anbeginn der Zeit. Ich habe irgendwann in den 90er beruflich mit MS-DOS Bekanntschaft gemacht. Seither nutze ich Microsoft-Produkte.

  2. Angefangen habe ich auch mit DOS und Windows (3.1, 95, 98, NT, 2000, XP). Spätestens mit dem Registrierungszwang irgendwann auf diesem Weg hatte ich genug von der Gängelei und begann, mich für OpenSource-Alternativen zu interessieren. (IBM kam ja mit OS2/Warp3 nicht aus dem Brei heraus…) und PC-GEOS war leider auch keine zukunftsträchtige Lösung.