Freier behördlicher Datenzugriff

Die persönlichen Angaben (Name, Adresse, Telefonnummer), die man in sogenannten Gästelisten beim Besuch gastronomischer Betriebe machen muss, dienen ausschließlich der (meiner) Information bzw. Inkenntnissetzung darüber, falls es in einem solchen Betrieb zum Auftreten einer Corona-Infektion gekommen ist. Darüberhinaus stehen diese persönlichen Daten jederzeit Polizeibehörden zu Ermittlungszwecken zur Verfügung.

Die Bundesländer haben in ihren Verordnungen zu den Gästelisten auf diesen zweiten Nutzungsfall der Daten nicht gesondert hingewiesen.

Die Rechtslage scheint aber eindeutig so zu sein, dass Polizeibehörden tatsächlich bei Ermittlungsarbeiten auf derartige persönliche Angaben von z.B. möglichen Zeugen zugreifen KÖNNEN.

Diese im Vorfeld nicht öffentlich zu Kenntnis gegebene (und schon mehrfach genutzte) Zugriffsmöglichkeit führt inzwischen offenbar zu Verstimmungen angesichts eines befürchteten Vertrauensbruches, der Gäste verunsichern dürfte, so dass sie womöglich zukünftig Falschangaben machen oder gar ganz auf Gastronomiebesuche verzichten könnten.

Ich sehe das für mich jedenfalls so:

Wenn ich in einem gastronomischen Betrieb solch ein Gästeformular ausfülle, dann erwarte ich, dass diese Angaben ausschließlich dem ursprünglich verordnungsweise ausgewiesenen Zweck dienen und NIEMAND sonst Zugriff darauf bekommt.

Sollte es jedoch, wie berichtet, andere interessierte Kreise geben (wer auch immer das sein mag, spielt überhaupt keine Rolle), die sich dieser Daten zu Zwecken welcher Art auch immer bedienen KÖNNEN, dann KANN ich schlicht und einfach bis auf Weiteres auf jeden weiteren Besuch gastronomischer Einrichtungen verzichten.

Nachtrag 03. August 2020

Auch heute wird über das angerichtete Dilemma berichtet. Ein Einsehen seitens der Politik ist bisher nicht zu erkennen. Eher wird das Vorgehen der Polizeien ausdrücklich befürtwortet.

Ich vermute, dass dieser »Mitnahmeeffekt« in Bezug auf diese analoge Vorratsdatenspeicherung durch gastronomische Betriebe durchaus erwünscht ist oder gar bei Beschlussfassung schon war.


Kommentare

Eine Antwort zu „Freier behördlicher Datenzugriff“

  1. Dass im Moment so getan wird, als sei ein Zugriff der Polizei auf diese Daten „normal“, ist ein echter Skandal. Was da hinsichtlich der Corona-App im Gange ist, ist auch nicht OK. Schließlich hat man sich viel Mühe gegeben, eine möglichst datenschutzkonforme Regel zu finden. Jetzt wird sie aufgrund eines Fehlers (organisatiorischer Art) unterlaufen. Weil der QR-Code nicht lesbar ist, werden die Daten nun in einem Telefongespräch „erhoben“. … https://bit.ly/3fv5qhh